Bernhard von Clairvaux
Der Hl. Bernhard, ein bedeutender Lehrer seinerzeit und auch noch für uns heute
Am 20. August feiert der Zisterzienserorden seinen bekanntesten Heiligen: Bernhard von Clairvaux. Seine Schriften füllen heute dicke Bücher - beim Übersetzen hat unsere Mt. Hildegard fleißig mitgewirkt und damit geholfen, die Predigten und Briefe, das geistliche Erbe des Hl. Bernhard auch uns heutigen Menschen zugänglich zu machen. Zum Hochfest des Hl. Bernhard möchten wir hier gerne einen wunderbaren Text aus einer Predigt zum Hohen Lied mit ihnen teilen.
Ich liebe, weil ich liebe. Ich liebe, um zu lieben.
Die Liebe genügt sich selbst, sie gefällt durch sich selbst und um ihrer selbst willen. Sie ist sich selbst Verdienst und Lohn. Außerhalb ihrer selbst sucht sie keinen Grund und keine Frucht; ihre Frucht ist, dass man sie übt. Ich liebe, weil ich liebe, ich liebe, um zu lieben. Die Liebe ist etwas Großes, aber sie muss zu ihrem Ausgang zurücklaufen, sie muss ihrem Ursprung wiedererstattet werden, muss heimfließen zu ihrem Quell und immerfort aus ihm schöpfen, um immerfort strömen zu können. Unter allen Regungen der Seele, unter allen Sinnen und Gemütsbewegungen ist es die Liebe allein, in der das Geschöpf dem Schöpfer antworten kann, wenn auch nicht in ebenbürtiger Weise; in ihr allein kann es ihm mit Ähnlichem vergelten. Denn wenn Gott liebt, so will er nichts anderes, als geliebt werden. Zu keinem anderen Zweck liebt er, als um geliebt zu werden, denn er weiß, dass alle, die ihn geliebt haben, in dieser Liebe selig werden.
Die Liebe des Bräutigams, vielmehr der Bräutigam, der die Liebe selber ist, sucht als Gegengabe nur Liebe und Treue. So sei es der Geliebten erlaubt, ihren Liebhaber wiederzulieben. Wie könnte die Braut nicht lieben, die doch Braut der Liebe ist? Wie könnte die Liebe nicht wieder geliebt werden?
Mit Recht verzichtet die Braut auf alle anderen Gefühle und widmet sich ganz der Liebe allein; ihre Aufgabe ist es, der Liebe durch Liebe zu antworten. Denn wenn sie sich auch in der Liebe völlig verausgabte, wie wenig wäre das verglichen mit dem, was ewig jenem Quell entströmt? Denn nicht die gleiche Fülle haben beide: der Liebende und die Liebe, die Seele und das Wort, die Braut und der Bräutigam, der Schöpfer und das Geschöpf, der Dürstende und die Quelle.
Was folgt daraus? Wird dadurch alles andere wertlos? Ist das Gelöbnis der Braut nichts; nichts das Sehnen der Seufzenden, nichts die Glut der Liebenden, nichts das Wagnis des Vertrauens, weil es nicht möglich ist, mit dem Schritt des Riesen Schritt zu halten, wettzueifern an Süßigkeit mit dem Honig, an Milde mit dem Lamm, an Glanz mit der Liebe, an Helligkeit mit der Sonne, in der Liebe mit dem, der die Liebe ist? Nein! Denn wenn das Geschöpf auch weniger liebt, weil es geringer ist - wenn es mit seinem ganzen Sein liebt, fehlt nichts, weil da das Ganze ist. So lieben kommt einer Hochzeit gleich; keiner kann so lieben und dann weniger geliebt werden; denn in der gegenseitigen und vollen Übereinstimmung besteht die ganze und vollendete Ehe. Doch darf niemand bezweifeln, dass die Seele vom göttlichen Wort zuerst und mehr geliebt wird.
Bernhard von Clairvaux
Wenn Sie den Blog abonnieren, senden wir Ihnen eine E-Mail, wenn es neue Updates auf der Website gibt, damit Sie sie nicht verpassen.
Kommentare