... immer zu früh

Als der Advent durch meine Türe kommt starre ich ihn einen Tick zu lange an. „Hier bin ich", sagte er fröhlich und blickt sich um. „Kann es sein, dass du mich nicht erwartet hast?", fragt er und sieht mich traurig an. „Doch, doch", stammle ich und versuche ein Lächeln. „Magst du Kekse?" „Kekse sind für Weihnachten", gibt er enttäuscht zurück. Ich sehe zu Boden. Er hat ja recht. Jedes Jahr kommt er einfach zu früh.

Ich habe mich noch nicht vom alten Jahr verabschiedet. Ich hänge noch an den warmen Strahlen der Sonne in Frühling und Herbst, und an der brütenden Hitze im Sommer. Die Erinnerungen an Feste und Ereignisse sind noch nicht fertig abgespeichert und die Pläne des Jänners noch nicht einmal annähernd umgesetzt.

Ich sehe den Advent mit schlechtem Gewissen an. „Ich wusste schon, dass du kommst, aber es ist immer zu früh", gebe ich kleinlaut zu. „Aber jetzt bist du schon einmal da. Komm mach es dir bequem. Ich mache uns Tee und dann zünden wir eine Kerze an. Ich bin schon gespannt, was du für heuer geplant hast."

Ich nehme ihn an der Hand und während er sich auf der Couch ausstreckt, ich den Tee aufsetze und nach einer Kerze suche, merke ich, wie sich ein klein wenig Vorfreude in mein Herz schleicht und ich neugierig werde auf die stille Zeit, die vor mir liegt.

© Sr. M. Emmanuela Kandlhofer


Impulsfragen:

Erwarte ich den Advent? Was erwarte ich mir vom Advent? Worauf warte ich?

Wie möchte ich meinen Advent gestalten? Was will ich im Advent unbedingt erleben? Was möchte ich unbedingt vermeiden?

Wen lasse ich durch meine Türe - durch meine Herzenstüre - eintreten? Bin ich vorbereitet? Wie könnte ich mich vorbereiten?

Was weckt Vorfreude in meinem Herzen? Worüber freue ich mich? Wem will ich Freude schenken?